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Wer an Freiräume denkt, denkt vielleicht nicht sofort an eine Stadt. Paradiesisch weitläufig zeigt sich die Natur, unendlich hoch ist der Himmel. Im urbanen Raum dagegen wird es schnell eng. Jedes Fleckchen ist umkämpft, jeder Quadratmeter teuer, in München sowieso. Tendenz steigend. Es ist bestimmt kein Zufall, dass die Stadtplaner*innen neuerdings den Begriff “Freiraum” für sich entdeckt haben. Denn wo wenig ist, kann man sich umso leidenschaftlicher darum streiten. Und umso schlauer muss man mit der knappen Ressource umgehen.
Mit Projekten wie dem „Freiraumquartierskonzept“ versucht das Planungsreferat etwa gerade die Bürger*innen für mehr Grün in der Innenstadt zu begeistern und Ideen zu sammeln. Mehr Lebensqualität in der Innenstadt ist das Ziel. Klingt doch eigentlich ganz schön? Zugegeben: etwas Not ist bereits am Mann (oder der Frau). München ist – das wird man auch hier im Heft lesen – die am stärksten versiegelte Stadt Deutschlands. Nicht mal die Isar und der Englische Garten ändern etwas an dieser grauen Statistik. Wieder mal erster: leider in einer recht fragwürdigen Kategorie. Angesichts des Klima- wandels sind schattige Bäume und weitere Grünflächen für die Zukunft sicher nicht die schlechteste Idee. Man mag also hoffen, dass es nicht bei Tröpfchen auf den heißen Steinen bleibt.
Nicht auf heißen Steinen, aber vielmehr auf heißen Kohlen sitzen dagegen immer mehr Akteur*innen aus der Subkultur. Von Zwischennutzung zu Zwischennutzung hangeln sie sich oft kunstvoll durch das Leben in einer Stadt, die nicht viel Raum für alternative Lebensentwürfe bereit hält. Ihr Verständnis von Freiraum hat weniger mit schöner Natur, aber viel mehr mit einem Wirkungsort zu tun, der frei von kommerziellen und alltäglichen Zwängen ist. Ein Ort, der Platz bietet für Kreativität und Selbstentfaltung. Auch für Lärm und Dissonanzen. Dafür sind rund 6.000 junge Menschen im Sommer auf die Straßen gegangen und haben bei den „Freiräumen“-Demos auf den empfundenen Platzmangel aufmerksam gemacht. „Eine Stadt ohne bezahlbare Wohn- und Arbeitsräume ist kulturell und sozial untragbar“ – so das dringliche Fazit der Initiator*innen. Mit Existenzangst im Nacken lässt sich schwerlich frei und gut leben. Geschweige denn kreativ sein.
Für viele neu und für andere umstritten ist das Konzept von Safe Spaces. Das sind Orte, an denen sich von Diskriminierung betroffene oder einfach Gleichgesinnte untereinander austauschen und begegnen. Frei fühlt man sich dort, weil man nicht länger mit Vorurteilen konfrontiert ist – mal nicht in der Unterzahl ist. Auch wenn er andere Menschen wiederum ausschließt, kann so ein Ort daher ein wichtiger Freiraum für marginalisierte Gruppen sein. Ein Raum, um frei zu atmen.
Wer sich mit Freiräumen beschäftigt, wird merken, dass es denkbar viele Zugänge gibt. 21 davon haben wir in diesem Heft gesammelt.